Grenzüberschreitende Lernarchitekturen

Grenzen sind ein faszinierendes Phänomen, ein zweischneidiges Schwert: Sie geben Identität und damit Sicherheit, Komfort und Orientierung. Aber Grenzen sind auch Barrieren, die uns einschränken, Zusammenarbeit behindern und zur Silokultur und einer nach innen gerichteten Perspektive von Organisationen beitragen.

Heute werden Unternehmensgrenzen durch die Dynamik digitaler Transformation, die traditionelle funktionale Rollen und etablierte Markt- und Stakeholderbeziehungen aufrüttelt, ständig neu definiert. Ganze Branchen befinden sich in einem Prozess der (inter-)organisatorischen Rekonfiguration, der zu einem neuen und kreativen Umgang mit Grenzen zwingt.

Dies hat Konsequenzen für das Selbstverständnis und die Rolle der Lernfunktion. Das Handhaben von Grenzen ist seit jeher ein Kernelement von Lernerfahrungen – schließlich sind Grenzen DER Ort, an dem Lernen und Innovation auf individueller, organisatorischer und strategischer Ebene stattfindet. Nur wenn wir uns mit Grenzen – kognitiven, emotionalen, normativen, kulturellen oder strukturellen – auseinandersetzen, wenn wir die Differenz zwischen “uns“ und dem „anderen“ aktiv nutzen und uns entsprechenden grenzübergreifenden Erfahrungen aussetzen, können wir überkommene Perspektiven relativieren und bestehende Paradigmata, Denkweisen und Verhaltensmuster überwinden.

Ansätze wie Co-Creation und Open Innovation, Hackathons, Kreativlabors, Inkubatoren, Gründerzentren und Start-up Kooperationen tun genau das. Die immer populärer werdenden Instrumente strategischen Innovationsmanagements sind im Grunde nichts anderes als Versuche, die Grenzen der Organisation aufzuweichen und die entstehende Differenzdynamik für Transformationsvorhaben nutzbar zu machen.

Überkommene Prozesse, Strukturen und Denkweisen machen es jedoch vielfach schwer bis unmöglich, die Spannung zwischen alt und neu produktiv zu nutzen, und so bleiben diese Ansätze zumeist isolierte experimentelle Inseln innerhalb des dominanten Geschäfts- und Handlungsmodells der Organisation – mit anderen Worten: Innovationsaktivismus ohne viel Wirkung.

Ähnliches gilt für die Innovationsbemühungen von Learning und Development – einer Funktion, deren Kernaufgabe es ist Denk- und Handlungsweisen zu verändern, die aber auch selbst dringend neu erfunden werden muss. Wenn wir eine Lernkultur gestalten wollen, die von Lernenden getrieben und nahtlos in die Geschäftsprozesse des Unternehmens eingebettet ist, muss die Lernfunktion die Kluft, die sie allzu oft vom Rest des Unternehmens trennt, überwinden. Sie muss neue Wege finden, mit internen und externen Stakeholdern zusammenzuarbeiten um eine gemeinsameVerantwortung für Lernen als neue Arbeitsroutine zu schaffen.

Dies ist eine schwierige und heikle Aufgabe, die nicht nur Mut und kluges politisches Handeln erfordert, sondern auch die Bereitschaft, überkommene Gewohnheiten und Rollen zugunsten neuer Denk- und Arbeitsweisen aufzugeben. L&D muss neue

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Foto von Gastautor Roland Deiser auf dem Blog der L&Dpro
Roland Deiser
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Roland Deiser ist ein Drucker Senior Fellow und leitet das Center for the Future of Organization an der Peter F. Drucker School of Management an der Claremont Graduate University in Kalifornien. Er ist auch Gründer und Chairman des Executive Corporate Learning Forums (ECLF), einem internationalen Unternehmenskonsortium, das sich mit der Zukunft von L&D in globalen, komplexen Organisationen beschäftigt. Er ist Autor zahlreicher Fachpublikationen, darunter der Bücher Designing the Smart Organization – How Breakthrough Corporate Learning Initiatives Drive Strategic Change and Innovation sowie Transformers: Executive Conversations about Creating Agile Organizations.

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