Erfolgsrezept: berufsbegleitende Weiterbildung gegen Fachkräftemangel

Angesichts eines offensichtlichen Fachkräftemangels spielt das Thema Weiterbildung zunehmend eine wichtige Rolle. Stichwort: berufsbegleitende Weiterbildung. Daraus ergeben sich sowohl Möglichkeiten für die Unternehmen als auch für ihre Mitarbeiter.
Vorteile für Unternehmen und Mitarbeitende
„Lifelong learning“ lautet das Motto des modernen Arbeitsmarktes – und so wie unser Wissen steigt, so steigt auch der Bedarf der Unternehmen an hochqualifizierten und vielseitigen Mitarbeitern. Gesucht werden Fachkräfte, die ihre Finger am Puls der Zeit bei Entwicklungen in Technik und Wirtschaft haben. Doch warum schielt man dabei zuerst auf den externen Arbeitsmarkt? Eine andere Möglichkeit ist der Blick ins eigene Unternehmen. Mit berufsbegleitenden Weiterbildungen – vom Zertifikatskurs bis zum Master of Science – entwickeln Unternehmen ihre eigenen Experten und schaffen zusätzliche Anreize für Mitarbeiter, beim Unternehmen zu bleiben und sich maßgeblich am Unternehmenserfolg beteiligen.
Jetzt aber nochmal klar gefragt – wie profitieren Unternehmen und Fachkräfte von einem solchen Angebot? Für die Unternehmen gilt: Zum einen können sie vielversprechende Bachelorabsolventen für ihre Betriebe begeistern. Zum anderen zahlt sich diese Investition langfristig aus: Der Mitarbeiter bleibt gerne bei einem Unternehmen, durch das er gefördert wird und Unternehmen erhalten eine Fachkraft mit Masterabschluss – maßgeschneidert auf die Wünsche des Unternehmens, engagiert und hochmotiviert, zum Unternehmenserfolg beizutragen.
Mit der Auswahl des richtigen Weiterbildungsprogramms und der damit verbundenen Hochschule können Unternehmen eigenhändig dafür sorgen, dass ihre Mitarbeiter aktuellstes Technologie- und Managementwissen kennenlernen – während Hochschulen aus der Kooperation mit der Industrie vielfältigen Nutzen ziehen. Ob neue Mitarbeiter geworben werden oder Karrierewege bestehender Mitarbeiter gezielt gefördert werden – Unternehmen können durch berufsbegleitende Weiterbildungen Wissen und Bereiche aufbauen, um z. B. Veränderungen wie der digitalen Transformation oder E-Mobilität zu begegnen und so wettbewerbsfähig bleiben.
Auch für Arbeitnehmer ist die Aussicht auf eine berufsbegleitende Weiterbildung als Karriere-Boost verlockend. Wer sich für ein schnelles Update in neuen Technologien interessiert, kann auf kürzere Weiterbildungen setzen und so gezielt Bereiche wie Internet of Thing oder Smart Factory mittels Zertifikatskursen besser kennenlernen. Wer sich als Experte spezialisieren möchte und den nächsten Karriereschritt anstrebt, bereitet sich berufsbegleitend auf einen Masterabschluss vor, indem er sich Technologie- und Managementwissen aneignet. Gelerntes kann sofort im Beruf umgesetzt werden.
Fachkräftemangel ist oft hausgemacht
Für den, der sich die Möglichkeiten der berufsbegleitenden Weiterbildung vor Augen führt, wirkt es ein wenig so, als sei der Fachkräftemangel mitunter hausgemacht. Industrie 4. 0 und Digitale Transformation sind schon lange keine reinen Buzzwords mehr. Seit 2014 verzeichnet Google Trends[1] einen deutlichen Anstieg des Interesses an den Begriffen. Und für die Umsetzung braucht es verstärkt kluge Köpfe wie z. B. Informatiker und Ingenieure.

So kann es wenig überraschen, dass es 2017 im Ingenieurwesen mehr als 81.000 offene Stellen gab. Auch im Jahr 2018 wurden Fachkräfte verzweifelt gesucht – der Bedarf der Mitarbeitenden im Ingenieurkontext stieg kontinuierlich durch die digitale Transformation in den Unternehmen.[2] Der regionale Arbeitsmarkt benennt konkret einen Engpass im ingenieurtechnischen Bereich: So gab es „900 offene […] Stellen je 100 Arbeitslosen“[3]. Eine weitere Studie zeigt: In 2030 besteht für rund ein Drittel der Ingenieursstellen in Deutschland ein Fachkräftemangel[4].
Angesichts dieser Zahlen sind Arbeitgeber gefordert kreativ zu handeln. Das bedeutet auch, den Erfolg herkömmlicher Rekrutierungswege zu prüfen und unter Mitarbeiterbindung nicht nur das Aufstellen eines Tischkickers und das Bereitstellen von kostenlosem Wasser und Kaffee zu verstehen.
Bildung bildet und bindet
So können Firmen stattdessen auf Weiterbildung setzen: Neue Mitarbeiter werden gewonnen und erfahrene Mitarbeiter an das Unternehmen gebunden.
Bestätigt wird das von einer Studie des VDI (Verein Deutscher Ingenieure e.V.): Diese zeigt, dass „…die Dynamik der Digitalen Transformation ein hohes Maß an Initiative, sich weiterzubilden [fordert].“[5] Der VDI empfiehlt, „…akademische Weiterbildung als integralen Baustein einer ingenieurwissenschaftlichen Berufstätigkeit zu behandeln und die Kooperation von Hochschulen und Akteuren der digitalisierten Arbeitswelt im Rahmen der Weiterbildung zu stärken.“[6]
Für welche Unternehmen bietet sich das Angebot eines berufsbegleitenden Studiums an?
Immer wieder hören wir aus dem Mittelstand: „Bei einem großen Unternehmen fällt es nicht so auf, wenn ein Mitarbeiter ein paar Tage wegen einer Weiterbildung ausfällt.“ und: „Für größere Unternehmen ist Weiterbildung einfacher zu finanzieren.“ Dabei sind es gerade kleiner und mittlere Unternehmen (KMU), die mit am meisten von dem Angebot einer Neuanstellung, verbunden mit einem weiterqualifizierenden Studium, profitieren. Denn aufgrund von größerer Bekanntheit und höheren Gehältern werden Konzerne häufig als attraktiver angesehen als KMUv. Umso wichtiger ist für KMU das Thema Personalbindung: „Weiterbildung, Bindung und damit Bestandssicherung […] sollte im Mittelpunkt der Personalstrategie stehen“[7], so der Verein Deutscher Ingenieure.
Das Extra der Weiterbildung und damit der langfristigere Vorteil ist ein größerer Mehrwert für viele Bewerber als nur höheres Gehalt. Mögliche Modelle sind auch Teilfinanzierungen oder die Zusage des potentiellen Mitarbeiters für einen bestimmten Zeitraum im Unternehmen zu bleiben. Es gibt verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten, sodass es durchaus empfehlenswert ist, in den Austausch mit anderen Personalexperten zu gehen und deren Erfahrung abzufragen.
Für welche Mitarbeitende bietet sich das Angebot eines berufsbegleitenden Studiums an?
Nur 2 Prozent von 100 der Befragten des „Ingenieurs der Zukunft“ sehen ausreichendes Wissen im Unternehmen vorhanden[8]; 85 Prozent der Befragten erachten Weiterbildungen als sinnvoll und notwendig.[9] Wissens- und Fachkompetenz ist schnell überholt, sodass kontinuierliche Weiterbildungen unabdingbar sind.
Neue Mitarbeiter können sich im Verbund mit einem dualen Masterstudium den Einstieg ins Unternehmen besser vorstellen. Es profitieren auch die Unternehmen, das die Erfahrung bestehender Mitarbeiter im Unternehmen verbleibt.
Kooperationen mit Hochschulen
Eigentlich klingt das einleuchtend, aber warum wird es dennoch so selten umgesetzt? Leider hat berufliche Weiterbildung in Kooperation mit Hochschulen noch nicht wirklich den großen Anklang in Deutschland gefunden – doch das ließe sich ändern. Der „Wegweiser Duales Studium“[10] ermittelte 2018 den Anteil von Universitäten und Unternehmen in der dualen akademischen Ausbildung. Die Quote der universitären dualen Ausbildung lag bei 7 Prozent. Der Erwerb eines Masters ist sogar nur bei 6 Prozent der Bildungsanbieter, bzw. 2 Prozent der Unternehmen möglich. Das klingt so, als ob ein Unternehmen, das heute mit dem Angebot eines berufsbegleitenden Studiums durchstartet, bereits den entscheidenden Schritt vor dem Wettbewerb ist.
Denn wer heute aktuell bleiben will, muss weiterbilden. Dabei muss es kein vollwertiges Studium sein – sogenannte Zertifikatskurse oder auch Spezialisierungen mit bestimmten Themenstellungen sind eine Alternative für jene, die nur begrenzt Zeit zur Verfügung haben. Mit ihnen kann in kurzer Zeit – ob nur ein paar Tage oder über Verlauf von einigen Terminen – Wissen aufgefrischt und neues erworben werden. Besonders nachhaltig sind dabei Modelle, die direkt auf die Unternehmensbedürfnisse angepasst werden können.
Für Unternehmen gibt es zahlreiche Möglichkeiten, mit Hochschulen zu kooperieren: Werkstudententätigkeiten, Praktika, projektbezogene Abschlussarbeiten im Unternehmen, Weiterqualifizierung bis hin zu einem dualen Studium.
[1] https://trends.google.com/trends/explore?date=all&q=%2Fm%2F0g5r88p,Industry%204.0
[2] Deutschlandfunk 12.11.2018 in Deutschland fehlen pro Jahr 100.000 Ingenieur/innen
[3] VDI: Der regionale Arbeitsmarkt in Ingenieurberufen: „Besonders gravierend gestaltet sich die Situation in der baden-württembergischen Energie- und Elektrotechnik, in der die Engpassrelation einen Wert von 900 offenen Stellen je 100 Arbeitslosen überschritten hat“
[4] https://www.prognos.com/fileadmin/pdf/publikationsdatenbank/110930_Neuauflage_Arbeitslandschaft _2030.pdf
[5] https://www.ft-informatik.de/pdf/FTIV-1901-A-02m-VDI-Studie-Ingenieurausbildung-Digitale-Transformation.pdf (April, 2019)
[6] Ebd.
[7] https://ipih.de/system/files/upload/ipih-archive/VDI_Ingenieurstudie_Berichtsband.pdf
[8] https://www.masteronline-iems.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Arbeitswelt_Industrie_IEMS.pdf
[9] https://ipih.de/system/files/upload/ipih-archive/VDI_Ingenieurstudie_Berichtsband.pdf
[10] https://www.wegweiser-duales-studium.de/fileadmin/user_upload/Inhalte/wegweiser-duales-studium.de/infos/E-Book-Duales-Studium-2018.pdf

Gian-Pietro Solinas
Gian-Pietro Solinas verfügt über mehrjährige Vertriebserfahrung in der Industrie. Seit Februar 2016 arbeitet er als Programmberater an der HECTOR School of Engineering and Management. Im Rahmen seiner Tätigkeit unterstützt er besonders gerne Menschen bei der Förderung ihrer Karriere, um ihre Traumposition in ihrem Beruf zu erreichen. Deshalb ist er Experte in den berufsbegleitenden Weiterbildungsprogrammen für ambitionierte Ingenieurinnen und Ingenieure der HECTOR School.