7 Trends für die Akademie der Zukunft

Die Digitalisierung gehört zu den Mega-Trends, welche die Wirtschaft noch auf Jahre tiefgreifend verändern werden. Durch die digitale Transformation steigt generell der Automatisierungsgrad in den Unternehmen und auch die Kompetenzanforderungen an Beschäftigte entwickeln sich weiter. Bei der Bewältigung dieses Strukturwandels spielt die berufliche Weiterbildung eine Schlüsselrolle: Für Mitarbeitende und Führungskräfte gilt gleichermaßen, persönliche Kompetenzen wie selbstorganisiertes, kreatives Handeln und die eigenen Digitalkompetenzen zu stärken, denn auch das Lernen wird zunehmend fragmentierter, autonomer, individueller und informeller. Die Bereiche „Arbeit“ und „Lernen“ vermischen sich: Inzwischen lernen wir nicht nur innerhalb der Organisation, sondern auch außerhalb, beispielsweise durch Videos oder den Austausch in Online-Netzwerken und Communities. Lernen wird also immer stärker zu einem kontinuierlichen Prozess, der neue Ideen und Denkstrukturen hervorbringt.
Bildungsanbieter setzen verstärkt auf E-Learning
Die Bereitschaft, digitale Lernformen in der Erwachsenenbildung einzusetzen, ist in den letzten Jahren bei vielen Bildungsanbietern rasant gestiegen. Die neuen technischen Möglichkeiten werden von ihnen vor allem als Chance begriffen, neue Zielgruppen zu erreichen und bedarfsgerechte Kursangebote entwickeln zu können. Dadurch erhoffen sie sich, dem wachsenden Trend zur Individualisierung auch in der Weiterbildung gerecht zu werden. Und: Die Maßnahmen sollen unter anderem auch die eigene Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Mit dem Begriff „Akademie“ sind zum einen größere Bildungsanbieter ebenso wie Coaches, Berater und Trainer auf dem freien Markt gemeint, zum anderen auch unternehmensinterne Akademien zur Qualifizierung und Kompetenzentwicklung der eigenen Mitarbeiter. Für all diese Anbieter waren die letzten Monate sicherlich nicht einfach! Der plötzliche Ausfall von Präsenzformaten erforderte ein großes Maß an Flexibilität von allen Beteiligten im Bereich Weiterbildung, Training und Coaching.
Die nachfolgenden Trends sollen Aufschluss darüber geben, wohin die Reise im Bereich betriebliche Weiterbildung in Zukunft gehen wird.
7 Trends für zukünftiges Lernen
#1 Künstliche Intelligenz als Trainings-Buddy

Chatbots sind auf dem Vormarsch – viele Branchen setzen bereits auf die digitalen Helfer in Bereichen wie Kundenservice, Reisebuchungen, Bestellungen etc. Die Lernassistenten werden in den kommenden drei Jahren eine wichtige Lernform darstellen und das Lernen zukünftig revolutionieren.
Im Weiterbildungsbereich werden Bots vielfältig eingesetzt:
• Im Bereich Training als digitale, persönliche Assistenten, die Wissen vermitteln, anreichern oder abfragen. Der Bot fungiert dabei als Lernpartner, der konstant an der Seite des Lernenden ist, wenn dieser über sein Learning Management System auf Lerninhalte zurückgreift.
• Der Online-Buddy hilft beim Auffinden von Informationen zu Terminen, Preisen, Themen usw. und gibt auch mal Tipps zum Lernen.
• Auf einer Akademie-Lernplattform kann der Bot Aufgaben wie Buchungen, Erinnerungen und die Registrierung übernehmen.
• Manche Bots habe auch einfach den Zweck, eine bestimmte Stimmung zu erzeugen -am besten gelingt dies über Smalltalk, Entspannung und Humor.
• Und: Lernbots sind immer ansprechbar, selten in der Reparatur und leicht zugänglich!
Fast die wichtigste Voraussetzung für eine hohe Akzeptanz bei den Nutzern ist, dass die digitalen Helfer gute Gesprächspartner sind. Und: je besser, d. h. der menschlichen Kommunikation ähnlicher, ihre Dialoge konzipiert werden, desto häufiger entsteht eine Art Bindung zu dem Bot.
Welche Vorteile haben Chatbots im Corporate Learning?
– individuell verfügbarer Service 365 Tage / 24 Stunden / weltweit
– quasi-persönlicher Ansprechpartner / Assistent
– Entlastung des Teams (Administration, Trainer) bei Routineaufgaben
– niedrige Zugangshürden, leichtere Navigation im Dialog
– wahlfreier Content-Zugang im „moment of need“
– Imagebildung: Zeitgemäß, innovativ, „cool“
– Marketing-Effekt kann bei gutem Konzept sehr stark sein
Beispiele für Lernbots

Chatbot „Kim“ ist ein persönlicher Lernassistent, der auf der KI-Software Jix basiert. Mit Kim kann sich der Lernende locker über KI-Wissen unterhalten. Dabei verläuft jedes Gespräch mit dem Bot anders, je nachdem, welche Gesprächsangebote der Lernende annimmt.

Das Escape-Room-Spiel „Pit im Warenlager“ wurde ebenfalls mit der Bot-Software JIX erstellt. In dem interaktiven Rollenspiel muss der Lernende dem namensgebenden Pit im Stil eines Escape-Rooms aus der Zwickmühle helfen und lernt dabei spielerisch die Abläufe in der Warenannahme kennen.
#2 Optimierte Planung in der Seminarverwaltung
Ressourcenplanung ist ein komplexes Thema, welches viele Akademien vor große, organisatorische Herausforderungen stellt und häufig über sehr aufwendige Excel-Tabellen gelöst wird. Eine Seminarverwaltungssoftware hilft dabei, die Ressourcenplanung, insbesondere für Präsenzkurse und Blended-Learning-Formate, zu optimieren. Auch hier werden KI-Algorithmen eingesetzt: Unter Beachtung aller eingegebener Bedingungen lassen sich damit ganze Seminarpläne oder -Kataloge planen und optimieren. Besonders empfehlenswert ist eine Seminarverwaltungssoftware für große Akademien mit vielen Präsenztrainings und Ressourcen. Aber auch kleinere Bildungsanbieter können von einer automatisierten Ressourcenplanung profitieren – hier lohnt sich die Anschaffung eines Learning-Management-Systems mit optional integrierbarer Trainingsverwaltung, gerade wenn der Ausbau des Kursangebots in Zukunft geplant ist.
#3 Social Learning im erweiterten Lernprozess

In Folge von Corona boomt das Home-Office. Je länger die Krise andauert, umso bedeutsamer wird nicht nur das gemeinsame Arbeiten, sondern eben auch das Lernen im Netz. In Zukunft ist davon auszugehen, dass vor allem informelle, niedrigschwellige Lernformen eine wichtige Rolle in der betrieblichen Weiterbildung spielen werden.
Auch der wachsende globale Wettbewerb erfordert kollaborative Unternehmensstrukturen, in denen Arbeit und Lernen stark zusammenwachsen. Unter dem Stichwort „Social Learning“ gibt es daher diverse Ansätze, wie ein Unternehmen die soziale Komponente des Lernens unterstützen kann. Hierbei werden formale Lernpfade verlassen und weichen selbstorganisierten, digital gestützten Lernprozessen – mit individuellen Zielen, Strategien und Kontrollmechanismen. Durch eine Lerncommunity zum Beispiel können bestehende Gruppen in der Organisation virtuell vernetzt werden, um aktiven Erfahrungsaustausch zu unterstützen. Jedoch lebt eine Community immer von den Aktivitäten der Teilnehmenden, von regelmäßigem Content wie z.B. Blog-Posts, Kommentaren und Likes. Und: Es funktioniert auch nur, wenn die Inhalte einen Mehrwert bieten. In einer Lern-Community gibt es meist eine Fülle unterschiedlicher Ressourcen zu bestimmten Themen: YouTube-Videos, Artikel, Links, aber auch Gruppen und Diskussionsforen, die allen Mitgliedern zugänglich sind. So werden Räume geschaffen für das wertvolle Peer-to-Peer-Feedback und Coaching unter Kolleg:innen und Gleichgesinnten.
Vom Lehrenden zum Lernbegleiter
Zugleich verändert sich beim Social Learning aber auch die Rolle der Lehrenden: Sie werden zunehmend zu Lernbegleiter:innen und sind nicht mehr nur in ihrer Rolle als bloße Wissensvermittler zu verstehen. Das Lernen im Team wirkt sich auch sozial positiv auf die Gruppe aus: Die Teilnehmenden können gemeinsam einen oder mehrere Lösungsansätze erarbeiten und das gemeinschaftlich erfahrene Wissen speichern, sodass auch Teilnehmende, die später zur Gruppe stoßen, schnell Anschluss finden. Dadurch erleichtert Social Learning zum Beispiel das Onboarding neuer Mitarbeiter:innen. Social Learning ist zudem zeit- und ortsunabhängig durchführbar, sodass jeder Lernende den Stoff in seinem eigenen Tempo individuell erarbeiten kann.
Im Bereich Corporate Learning und Weiterbildung wird Social Learning also zunehmend Bedeutung erlangen. Neben einer Unternehmenskultur, die den informellen Wissensaustausch fördert, braucht es die passende Infrastruktur wie zum Beispiel ein Learning Management System mit Social Learning-Funktionalitäten und integrierten Live-Kollaborationsmöglichkeiten.
#4 Live-Collaboration: Singular-Learning-Experience
Mittlerweile ist das Internet ein allgemein akzeptierter Lernort, insbesondere für informelles Lernen. Und Kollaboration kann gut als Motivator eingesetzt werden: Die Integration von Tools für Online-Meetings und virtuelle Klassenräume wie Teams, Zoom, GoToMeeting, usw., dienen derzeit dazu, Präsenztermine durch Online-Meetings zu ersetzen.
Daher ist es sehr wichtig, dass ein Learning-Management-System eine Schnittstelle zu Kollaborationstools hat. Über diese können Trainer:innen oder Tutoren Live-Workshops oder Sessions abhalten, ohne, dass die Beteiligten das Tool wechseln müssen. So lässt sich eine Singular-Learning-Experience kreieren, die alle Lernaktivitäten an einem Ort bündelt. Lernplattformen mit integrierten Kollaborationstools bieten gegenüber den bisherigen Learning-Management-Systemen eine stärkere Interaktion zwischen Lernsystem und Lernenden und damit eine verbesserte Individualisierung der Learning Journey.

#5 Digitale Facetten des Talentmanagements
Das Talentmanagementsystem hat zum Ziel, die Kompetenzen in Unternehmen und Organisationen zu beschreiben, sie aktiv und strategieorientiert zu steuern und diese auch transparent zu machen. Dies ermöglicht allen Mitarbeitenden und Führungskräften, neue Kompetenzen zu erwerben, zu messen und laufend zielorientiert und selbstorganisiert weiter zu entwickeln.
In der eLearning BENCHMARKING Studie 2018 kristallisierte sich unter den befragten Anwenderunternehmen das Skill- und Talentmanagement als wichtigster Trend heraus: Mit 80 % Nennungen bewertete die große Mehrheit der Studienteilnehmer diesen Trend als sehr wichtig oder wichtig. Dank des bevorstehenden demographischen Wandels und des sich verschärfenden Fachkräftemangels wird es für Unternehmen immer wichtiger, erfolgskritische Kompetenzen und Kompetenzträger sowie Talent zu identifizieren, zu entwickeln und langfristig an das eigene Unternehmen zu binden. Gerade eine softwarebasierte Infrastruktur wie ein Talent Management System kann Unternehmen bei diesen Themen unterstützen und einen entscheidenden Beitrag für eine erfolgreiche Umsetzung leisten. Das Talent Management System lässt sich ebenfalls in ein LMS integrieren und unterstützt bei der professionellen Entwicklung der Mitarbeitenden, der internen Stellenbesetzung und der Karriereplanung. Soll-/Ist-Vergleiche und Kompetenzprofile helfen bei der Identifikation von Potenzialen und besonderen Talenten. Spezifische Kompetenzprofile des Unternehmens oder der Organisation bilden die Basis für eine bedarfsgerechte Bildungsplanung. Ein Self-Assessment für die Lernenden dient als gute Basis für Kursvorschläge, die in einem Mitarbeitergespräch festgehalten werden oder auch automatisiert erfolgen können. Sehr hilfreich ist es auch, Vereinbarungen zu Lernzielen für das nächste Jahr in Mitarbeitervereinbarungen festzuhalten und so eine große Transparenz zwischen Führungskraft, Personalentwickler:in und Lerner:in herzustellen.
#6 Externen Content nahtlos einbinden
In Zukunft wird es ebenso wichtig, externe Content-Angebote in das eigene Akademie-Lernökosystem einzubinden. Laut den Ergebnissen der 14. Trendstudie „mmb Learning Delphi“ können sich knapp die Hälfte aller Befragten vorstellen, dass innovative Lerninhalte-Anbieter wie Udacity traditionellen Bildungsanbietern große Marktanteile abnehmen werden. Hier zeichnet sich eine Entwicklung ab, die den Markt der klassischen Weiterbildung grundlegend verändern wird.
Die gute Nachricht ist: Mittlerweile können externe Inhalte technisch an das eigene LMS angebunden werden. Dies erfolgt über Schnittstellen, Links zu den externen Anbietern oder über den LTI-Standard. Ein großer Vorteil ist, dass diese Kurse direkt im LMS gebucht werden können.

#7 Erfolgsfaktor Content
Natürlich ist der Content ebenso mitentscheidend für den Erfolg einer Lernplattform. Die Vielfalt der digitalen Lernformen ist groß: Webinare, Virtual Classrooms, Chats, Blogs, Lernfilme, Lernbots etc. lassen vermuten, dass Präsenzformate langsam ausgedient haben. Allerdings zeigt sich bislang große Skepsis, wenn es darum geht, analoge Lernformen vollständig zu digitalisieren. Bislang möchten die Nutzer digitaler Lernformen einen Mix aus analogen und digitalen Lernformaten: Rund 80 Prozent – so die Umfrageergebnisse der mmb-Trendstudie 2019 – wollen nicht gänzlich auf klassische Lehrmittel verzichten. Zwar sehen 90 Prozent der Befragten Blended Learning als wichtiges Lernsetting in den nächsten drei Jahren an, doch Videos/Erklärfilme (94%) sowie Micro-Learning/Lernnuggets (92%) werden von noch mehr Expertinnen und Externen als zukunftsträchtige Lernform erachtet (vgl. Abb. 2). Ein Online-Training bietet allen Teilnehmenden (Kunden, Lieferanten, Händler…) einen großen Mehrwert. Neben der Zeiteffizienz und der hohen Flexibilität ist es vor allem das selbstgesteuerte Lernen, das Online-Trainings so beliebt unter den Usern macht. Auch der Kostenfaktor spielt eine beträchtliche Rolle: Nicht nur Bildungsverantwortliche in Unternehmen wissen um die hohe Skalierbarkeit von E-Learning-Formaten, auch Weiterbildner:innen und Trainer:innen schätzen es, aus dem Home-Office heraus, Workshops und Webinare anbieten zu können.
Deshalb muss das Einbinden von Content, wie etwa WBTs, Micro Learnings, Lernspielen oder Videos, unkompliziert sein und vom LMS gut unterstützt werden.

Lernen on demand
Der regelmäßige Umgang mit dem PC, die Nutzung mobiler Endgeräte wie Smartphones und Tablets sowie die vielfältigen Möglichkeiten durch das Internet haben die Ansprüche der Lernenden an das (berufliche) Weiterbildungsangebot verändert. So ermöglicht die Digitalisierung eine noch individuellere Learning Journey. Lernende können sich ihre Lernzeiten vollkommen flexibel einteilen – sowohl in Bezug auf die Länge als auch auf die Anzahl der Wiederholungen. KI-gestütztes Lern-Tracking bietet zudem viele Möglichkeiten, neue Kurse oder Lernstrategien passend zur bisherigen Auswahl der Lernenden vorzuschlagen. In Zukunft wird die Verantwortung für die berufliche Weiterentwicklung noch stärker beim Lernenden selbst liegen. So gesehen macht es also wenig Sinn, Wissen auf Vorrat anzuhäufen und den Beschäftigten einfach zur Verfügung zu stellen. Lernen wird immer mehr am Arbeitsplatz stattfinden und nicht nur im Seminarraum. Dafür muss den Beschäftigten genug Freiraum innerhalb der Arbeitszeit eingeräumt werden, abgesehen von der notwendigen technischen Infrastruktur und der Akzeptanz auf Führungsebene. Die Akademie der Zukunft ist hochpersonalisiert, relevant und lebt von einem sehr starken Praxisbezug, sowie einer Unternehmens- und Arbeitskultur, die Wissensaustausch untereinander erleichtert und die Informationen kurzfristig und unbürokratisch an die Empfänger bringt. So steht einem nachhaltigen und effizienten Aufbau der eigenen Online-Akademie nichts mehr im Wege!

Astrid Würthele
Astrid Würthele ist diplomierte Romanistin, langjährige Trainerin und Assistenz in der Erwachsenenbildung im Bereich Fremdsprachen. Sie ist weiterhin Expertin für mehrsprachigen Softwaresupport. Derzeit arbeitet sie als Inside Sales Consultant bei der time4you GmbH communication & learning.
Spannender Beitrag! Ich bin gespannt was meine Weiterbildung Unternehmensnachfolge mit sich bringe, welche ich bald anfangen werde… 🙂