Digitales Lernen und Talent Management in einem Boot

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Quelle: © Ahmed Zayan; www.unsplash.com

Laut einer Umfrage des Branchenverband Bitkom investiert die deutsche Wirtschaft gezielt in digitale Bildung. Das ist eine gute Nachricht. In einer wirtschaftlich angespannten Situation könnte auch Talent Software mehr auf die Ergebnisse geachtet werden.

Bereits seit Anfang der Pandemie und mit dem ersten Lockdown im März ist der Eindruck entstanden, dass insbesondere die E-Learning-Anbieter von der Krise profitieren könnten. Aus Seminaren wurden Webinare und Live-Veranstaltungen wie das Corporate Learning Camp waren auch online gut besucht. Präsenztrainer wischten sich kurz die Augen und fingen dann an, sich über Weiterbildungen zum Online Trainer zu informieren, die plötzlich wie Pilze aus dem Boden sprossen. Erste Umfragen des mmb-Instituts aus Essen oder der Fosway Group bestätigten den Trend, sowohl aus Anbieter- wie Unternehmensperspektive. Das Virus hatte als Treiber geschafft, was allen Technologieanbietern zuvor nicht gelungen war.

Jetzt bestätigt also auch die Bitkom-Umfrage den logischen Trend. Demnach gaben zum Zeitpunkt der Umfrage im Mai und Juni 70 Prozent der befragten Unternehmen an, gezielt in E-Learning zu investieren und ihre Mitarbeiter fit für die digitale Arbeitswelt zu machen. Im Vergleich zu einer Umfrage aus 2018 ein Zuwachs von 13 Prozent. Der Zuwachs fällt laut Bitkom bei den Unternehmen ab 500 Mitarbeitern noch größer aus, denn hier sind es satte 78 Prozent, die in digitales Lernen investieren. Bei den mittleren Unternehmen sind es noch 72 Prozent und bei den kleineren bis 99 Mitarbeitern immerhin 69 Prozent. Wichtig ist sicher auch noch zu sagen, dass der Bitkom nicht nur die eigenen, naturgemäß digitaler Technik etwas näherstehenden Verbandsmitglieder befragt hat, sondern alle Branchen berücksichtigt wurden. Das in der Einzelbetrachtung der Investitionen ausgerechnet die öffentliche Verwaltung das Schlusslicht bildet, obwohl der Bedarf hoch sein dürfte, war leider nicht anders zu erwarten.

Jetzt stellt sich die Frage, wie Lernplattformen von LMS bis LXP den Härtetest bestehen und ob die bisherigen Funktionen ausreichen, um Talente in den Unternehmen zu entwickeln und Karrierepfade aufrecht zu erhalten. Machen wir uns bewusst: Wir sprechen bei digitalem Lernen zwar von dem Vorteil, des ortsunabhängigen, auch zeitlich flexiblen Lernens. Wir hatten aber noch nie die Situation, dass sich das gesamte Umfeld verändert wie gerade geschehen. Wenn plötzlich fast die ganze Belegschaft zu Hause sitzt, statt im Büro. Wenn alle Prozesse der Zusammenarbeit nur noch digital ablaufen und selbst die persönliche Begegnung nur noch digital stattfindet. Sind die aktuellen Lernplattformen gerüstet für die Zukunft?

Der Antwort auf diese Frage ist Fosway Group nachgegangen und hat in einer im Spätsommer erschienenen Analyse „Digital Learning success in a post pandemic world“ festgestellt: mehrheitlich nein. Von den befragten Unternehmen hatten nur 29 Prozent auf die Frage „Do you think your current learning platforms are fit for the modern workforce“ mit Ja geantwortet, 65 Prozent dagegen mit Nein. Denn die neue Welt des Lernens ist wesentlicher komplexer, als es je zuvor der Fall war. Der Anteil des Workplace Learning wächst ebenso wie der Anteil des kollaborativen Lernens, dass sich zudem ebenfalls in die virtuelle Welt verlagert. Allerdings geht es da jetzt weniger um virtuelle Lerngruppen, die ja viele Lernplattformen ermöglichen, sondern eher um die Integration von Lernen in Kollaborationsplattformen von MS Teams bis Slack.

Wenn Lernen immer mehr in den Mittelpunkt rückt und Mitarbeitende immer flexibler sein müssen, auch was ihren Tätigkeitsbereich angeht, was passiert dann mit dem traditionellen Talent Management? Wie erkenne und reagiere ich zum Beispiel auf Entwicklungspotenzial, wenn ich die Mitarbeitenden vor allem virtuell erlebe? Traditionelle Talent Management Systeme seien dieser Herausforderung eher nicht gewachsen, weil sie weder hinreichend agil noch ausreichend transformativ wirken würden, stellt Fosway in einer neuen Untersuchung fest, die bezeichnenderweise den Titel trägt „Talent & People Success“. Wenn es auf den Erfolg jedes Einzelnen ankäme, seien neue Lösungen gefragt. Eine anspruchsvolle Aufgabe für HR, L&D und die Anbieter. Und eine gute Möglichkeit, auf der L&Dpro ins Gespräch zu kommen.

Foto von Autorin Grudun Porath_Autorin der Trendkolumne
Gudrun Porath
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Gudrun Porath ist freie Journalistin und Moderatorin. Die studierte Kulturwissenschaftlerin arbeitete für Tageszeitungen, bis sie 1999 zu einem jungen Kommunikationssoftware-Unternehmen wechselte und dort unter anderem nach dem Börsengang die Finanzmarktkommunikation verantwortete. 2005 machte sie sich als Journalistin selbstständig und spezialisierte sich auf die Themen digitales Lernen und Weiterbildung, über die sie seitdem für Fachzeitschriften schreibt und Veranstaltungen moderiert. Auf haufe.de erscheint ihre E-Learning-Kolumne.

Gudrun Porath

Gudrun Porath ist freie Journalistin und Moderatorin. Die studierte Kulturwissenschaftlerin arbeitete für Tageszeitungen, bis sie 1999 zu einem jungen Kommunikationssoftware-Unternehmen wechselte und dort unter anderem nach dem Börsengang die Finanzmarktkommunikation verantwortete. 2005 machte sie sich als Journalistin selbstständig und spezialisierte sich auf die Themen digitales Lernen und Weiterbildung, über die sie seitdem für Fachzeitschriften schreibt und Veranstaltungen moderiert. Auf haufe.de erscheint ihre E-Learning-Kolumne.

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